Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Die Klä­ge­rin, ein Berg­bau­un­ter­neh­men, wen­det sich ge­gen ei­nen Plan­fest­stel­lungs­be­schluss für die Er­rich­tung und den Be­trieb von Un­ter­was­ser­ka­beln zur Netz­an­bin­dung zwei­er Off­shore-Wind­parks.


Der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss stellt den Plan für die Er­rich­tung und den Be­trieb von sechs AC-Sys­te­men (Hoch­span­nungs-Wech­sel­strom­über­tra­gung mit ei­ner Nenn­span­nung von 220-kV) zur Netz­an­bin­dung der nord­öst­lich von Rü­gen ge­le­ge­nen Off­shore-Wind­park-Clus­ter "West­lich Ad­ler­grund" und "Ar­ko­na-See" von Be­ginn der 12-See­mei­len-Gren­ze bis zum An­lan­de­punkt Lub­min fest. Die Klä­ge­rin ver­fügt über Rech­te zur Auf­su­chung (berg­recht­li­che Er­laub­nis) und Ge­win­nung (berg­recht­li­che Be­wil­li­gung) von Kie­sen und San­den in der Ost­see. Ein Er­laub­nis­feld und ein Be­wil­li­gungs­feld wer­den von der Tras­se ge­quert.


Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den Haupt­an­trag auf Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit und Nicht­voll­zieh­bar­keit des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses ab­ge­wie­sen, auf den Hilfs­an­trag den Be­klag­ten aber ver­pflich­tet, den Plan­fest­stel­lungs­be­schluss da­hin­ge­gen zu er­gän­zen, dass der Klä­ge­rin we­gen der Be­ein­träch­ti­gung der Be­wil­li­gung Ent­schä­di­gung dem Grun­de nach zu ge­wäh­ren ist.


Die Klä­ge­rin macht mit der Re­vi­si­on wei­ter­hin die Rechts­wid­rig­keit und Nicht­voll­zieh­bar­keit des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses, hilfs­wei­se ei­ne Ent­schä­di­gungs­pflicht auch in Be­zug auf die Be­ein­träch­ti­gung der Er­laub­nis gel­tend. Be­klag­ter und die bei­ge­la­de­ne Vor­ha­ben­trä­ge­rin be­geh­ren mit ih­rer An­schluss­re­vi­si­on die voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Kla­ge.


Ur­teil vom 23.05.2023 -
BVer­wG 4 C 1.22ECLI:DE:BVer­wG:2023:230523U4C1.22.0

Leit­satz:

Die für § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG ma­ß­geb­li­che fach­pla­ne­ri­sche Zu­mut­bar­keits­schwel­le ist re­gel­mä­ßig über­schrit­ten, wenn die Plan­fest­stel­lung ei­ner En­er­gie­lei­tung da­zu führt, dass auf quan­ti­ta­tiv nicht un­be­deu­ten­den Teil­flä­chen ei­nes Be­wil­li­gungs­fel­des kei­ne Roh­stof­fe mehr auf­ge­sucht und ge­won­nen wer­den kön­nen.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 4 C 1.22

  • OVG Greifs­wald - 06.07.2021 - AZ: 5 K 372/15

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 4. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 23. Mai 2023
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Schip­per
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Brandt, Dr. De­cker,
Prof. Dr. Külp­mann und Dr. Ham­mer
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin und die An­schluss­re­vi­sio­nen des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen ge­gen das auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 6. Ju­li 2021 er­gan­ge­ne Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Meck­len­burg-Vor­pom­mern wer­den zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Klä­ge­rin trägt 3/4 der Ge­richts­kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens und der au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen. Der Be­klag­te und die Bei­ge­la­de­ne tra­gen je 1/8 der Ge­richts­kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens und der au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten der Klä­ge­rin. Im Üb­ri­gen tra­gen die Be­tei­lig­ten ih­re au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten je­weils selbst.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin, ein Berg­bau­un­ter­neh­men, wen­det sich ge­gen ei­nen Plan­fest­stel­lungs­be­schluss für die Ver­le­gung von Un­ter­was­ser­ka­beln zur Netz­an­bin­dung von Wind­ener­gie­an­la­gen auf See.

2 Ge­gen­stand des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses des Mi­nis­te­ri­ums für En­er­gie, In­fra­struk­tur und Lan­des­ent­wick­lung Meck­len­burg-Vor­pom­mern vom 9. Ju­li 2015 in Ge­stalt des Er­gän­zungs-Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses vom 7. Ju­ni 2021 ist die An­bin­dung der in der deut­schen aus­schlie­ß­li­chen Wirt­schafts­zo­ne der Ost­see ge­le­ge­nen Off­shore-Wind­park-Clus­ter "West­lich Ad­ler­grund" und "Ar­ko­na See" an das Um­spann­werk Lub­min im Ab­schnitt vom Be­ginn der 12-See­mei­len-Gren­ze bis zum An­lan­de­punkt Lub­min durch die Er­rich­tung und den Be­trieb von sechs 220 kV-Wech­sel­strom­ka­bel­sys­te­men. Die plan­fest­ge­stell­te Tras­se quert die ma­ri­ne Kies­sand­la­ger­stät­te "Land­tief" und die po­ten­ti­el­le La­ger­stät­te "Pro­rer Wiek Süd".

3 Die Klä­ge­rin ist seit 2010 In­ha­be­rin der - zu­letzt im Jahr 2001 bis zum 31. De­zem­ber 2040 ver­län­ger­ten - berg­recht­li­chen Be­wil­li­gung "Land­tief", die das Ge­win­nungs­recht für den Bo­den­schatz Kies­sand in der ma­ri­nen La­ger­stät­te um­fasst. Seit 2006 lie­gen kei­ne Be­triebs­plä­ne für das Feld mehr vor. 2012 und 2016 prüf­te das Berg­amt Stral­sund ei­nen Wi­der­ruf der Be­wil­li­gung, sah hier­von aber im Er­geb­nis ab. Das Be­wil­li­gungs­feld hat ei­nen Flä­chen­in­halt von et­wa 4,2 km² und liegt fast voll­stän­dig im FFH-Ge­biet "Greifs­wal­der Bod­den­rand­schwel­le und Tei­le der Pom­mer­schen Bucht" (DE 1749-302). Im Lan­des­raum­ent­wick­lungs­pro­gramm Meck­len­burg-Vor­pom­mern 2005 ist das Be­wil­li­gungs­feld "Land­tief" als ma­ri­nes Vor­be­halts­ge­biet Roh­stoff­si­che­rung dar­ge­stellt.

4 Die Klä­ge­rin war fer­ner bis zum 31. De­zem­ber 2016 In­ha­be­rin ei­ner Er­laub­nis zur Auf­su­chung ma­ri­ner Kies­san­de für das Feld "Pro­rer Wiek Süd". Für die Auf­su­chung ließ das Berg­amt Stral­sund im Ja­nu­ar 2012 ei­nen Haupt­be­triebs­plan zu, der letzt­ma­lig bis zum 31. De­zem­ber 2016 ver­län­gert wur­de. Die Er­kun­dungs­maß­nah­men sind ab­ge­schlos­sen, ein im Er­laub­nis­feld iden­ti­fi­zier­tes künf­ti­ges Be­wil­li­gungs­feld ist von dem Vor­ha­ben nicht be­trof­fen.

5 Im Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren mach­te die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 28. Au­gust 2014 Ein­wen­dun­gen ge­gen das Vor­ha­ben gel­tend.

6 Nach Er­lass des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses hat sie Kla­ge er­ho­ben, die im Haupt­an­trag auf Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit und Nicht­voll­zieh­bar­keit des Be­schlus­ses ge­rich­tet ist. Hilfs­wei­se be­gehrt sie die Ver­pflich­tung des Be­klag­ten, den Plan­fest­stel­lungs­be­schluss um ei­ne Ent­schä­di­gungs­re­ge­lung dem Grun­de nach für die Be­ein­träch­ti­gung ih­rer Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen zu er­gän­zen.

7 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Kla­ge im Haupt­an­trag ab­ge­wie­sen. Sie sei zu­läs­sig. Die Kla­ge­be­fug­nis fol­ge aus der berg­recht­li­chen Be­wil­li­gung und dem Recht auf ge­rech­te Ab­wä­gung. Im Haupt­an­trag sei sie un­be­grün­det. Der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss lei­de nicht an be­acht­li­chen Ab­wä­gungs­män­geln, ins­be­son­de­re sei das Ge­wicht der Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen der Klä­ge­rin zu­tref­fend er­kannt wor­den. Dem Hilfs­an­trag hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hin­sicht­lich der Be­wil­li­gung "Land­tief" statt­ge­ge­ben. Der Tras­sen­ver­lauf füh­re zu ei­nem voll­stän­di­gen Ver­lust der Pri­vat­nüt­zig­keit. Ob auf den ver­blei­ben­den Teil­flä­chen noch ei­ne Roh­stoff­ge­win­nung mög­lich wä­re, sei un­er­heb­lich. Für das Er­laub­nis­feld kön­ne da­ge­gen kei­ne Ent­schä­di­gung ver­langt wer­den. Die Auf­su­chung selbst wer­de durch das Vor­ha­ben nicht be­ein­träch­tigt. Die "An­wart­schaft" auf Er­tei­lung ei­ner Be­wil­li­gung sei kei­ne ei­gen­tums­recht­lich ge­schütz­te Rechts­po­si­ti­on.

8 Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Klä­ge­rin ihr Be­geh­ren im Haupt- und Hilfs­an­trag wei­ter. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be den recht­li­chen Ge­halt und die Be­trof­fen­heit ih­rer Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen ver­kannt.

9 Der Be­klag­te und die Bei­ge­la­de­ne ha­ben An­schluss­re­vi­si­on ein­ge­legt. Die Be­ein­träch­ti­gung der Be­wil­li­gung "Land­tief" sei zu­mut­bar und ent­schä­di­gungs­los hin­zu­neh­men. Nach Auf­fas­sung der Bei­ge­la­de­nen hät­te das Kla­ge­vor­brin­gen zu­dem in wei­ten Tei­len als prä­klu­diert und ver­spä­tet zu­rück­ge­wie­sen wer­den müs­sen.

II

10 Auf die Re­vi­sio­nen un­ter­liegt das Ur­teil in vol­lem Um­fang der re­vi­si­ons­ge­richt­li­chen Prü­fung. Ge­gen­stand der Re­vi­si­on der Klä­ge­rin ist das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil nur, so­weit ihr Haupt­an­trag in vol­lem Um­fang und ihr Hilfs­an­trag teil­wei­se ab­ge­wie­sen wor­den sind. Sie kri­ti­siert fer­ner ein­zel­ne Be­grün­dungs­ele­men­te, die den zu ih­ren Guns­ten er­gan­ge­nen Ver­pflich­tungs­aus­spruch be­tref­fen. Dar­auf er­streckt sich der für den Über­prü­fungs­um­fang nach § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO ma­ß­geb­li­che Re­vi­si­ons­an­trag aber nicht. Auf die nach § 141 Satz 1 i. V. m. § 127 Abs. 1 bis 3 Vw­GO zu­läs­si­gen An­schluss­re­vi­sio­nen des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen un­ter­liegt das Ur­teil der re­vi­si­ons­ge­richt­li­chen Prü­fung, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat.

11 Die Re­vi­sio­nen al­ler Be­tei­lig­ten blei­ben er­folg­los. Das Ur­teil steht mit dem nach § 137 Abs. 1 Vw­GO re­vi­si­blen Recht in Ein­klang.

12 A. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den Haupt­an­trag zu Recht als zu­läs­sig, aber un­be­grün­det ab­ge­wie­sen.

13 I. Die Kla­ge­be­fug­nis i. S. v. § 42 Abs. 2 Vw­GO hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­tref­fend auf ei­ne mög­li­che Ver­let­zung der aus der Be­wil­li­gung nach § 8 BBergG fol­gen­den Rechts­po­si­ti­on und des Rechts auf ge­rech­te Ab­wä­gung aus § 43 Satz 3 En­WG a. F. ge­stützt (UA S. 34). Die Prü­fung wei­te­rer mög­li­cher Rechts­be­trof­fen­hei­ten zur Be­grün­dung der Kla­ge­be­fug­nis war nicht ver­an­lasst (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 17. De­zem­ber 2013 - 4 A 1.13 - BVer­w­GE 148, 353 Rn. 21 und vom 6. April 2017 - 4 A 1.16 - UPR 2017, 352 Rn. 15), hier­auf be­ruht das Ur­teil in­so­weit aber nicht.

14 II. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Kla­ge oh­ne Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht als un­be­grün­det ab­ge­wie­sen.

15 1. a) Im Ein­klang mit re­vi­si­blem Recht ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass die Klä­ge­rin nicht ent­eig­nungs­be­trof­fen ist und des­halb kei­nen An­spruch auf Voll­über­prü­fung hat, son­dern nur ei­ne Ver­let­zung ge­ra­de sie schüt­zen­der Nor­men des Ver­fah­rens­rechts und des ma­te­ri­el­len Rechts so­wie ei­ne nicht ord­nungs­ge­mä­ße Ab­wä­gung ih­rer ei­ge­nen schutz­wür­di­gen pri­va­ten Be­lan­ge rü­gen kann (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 9. No­vem­ber 2006 - 4 A 2001.06 - BVer­w­GE 127, 95 Rn. 21 und vom 16. März 2021 - 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 13 m. w. N.).

16 Der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss hat kei­ne ent­eig­nungs­glei­che Vor­wir­kung zu­las­ten der Klä­ge­rin. Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen un­ter­fal­len zwar dem Schutz­be­reich des Ei­gen­tums­grund­rechts nach Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Ur­teil vom 21. Ok­to­ber 1987 - 1 BvR 1048/87 - BVerf­GE 77, 130 <136>; Be­schluss vom 30. Ju­ni 2020 - 1 BvR 1679/17 u. a. - BVerf­GE 155, 238 Rn. 83; BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 24 ff.; BGH, Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2004 - III ZR 263/04 - BGHZ 161, 305 <313>). Der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss sieht aber nicht vor, der Klä­ge­rin ih­re Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen zu ent­zie­hen und sie auf die öf­fent­li­che Hand oder ei­nen Drit­ten zu über­tra­gen (Gü­ter­be­schaf­fungs­vor­gang). Es fehlt da­her an ei­nem voll­stän­di­gen oder teil­wei­sen Ent­zug die­ser Ei­gen­tums­po­si­tio­nen und ei­nem da­durch be­wirk­ten Rechts­ver­lust. Le­dig­lich mit­tel­ba­re Be­ein­träch­ti­gun­gen des Ei­gen­tums be­stim­men un­ab­hän­gig von ih­rer In­ten­si­tät In­halt und Schran­ken des Ei­gen­tums i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und stel­len selbst dann kei­ne Ent­eig­nung dar, wenn sie die Nut­zung des Ei­gen­tums na­he­zu oder völ­lig ent­wer­ten (BVerfG, Ur­teil vom 6. De­zem­ber 2016 - 1 BvR 2821/11 u. a. - BVerf­GE 143, 246 Rn. 245 m. w. N.; BVer­wG, Ur­teil vom 9. No­vem­ber 2006 - 4 A 2001.06 - BVer­w­GE 127, 95 Rn. 21).

17 b) Als ma­ß­geb­li­chen Zeit­punkt für die Be­ur­tei­lung der Sach- und Rechts­la­ge hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt den Er­lass des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses vom 9. Ju­li 2015 be­stimmt, weil der Er­gän­zungs-Plan­fest­stel­lungs­be­schluss vom 7. Ju­ni 2021 sich auf punk­tu­el­le Er­gän­zun­gen der Be­grün­dung be­schrän­ke und kei­ne Neu­be­wer­tung auf der Grund­la­ge ak­tu­el­ler Er­kennt­nis­se vor­neh­me (UA S. 43). Die­se Maß­stä­be ent­spre­chen der stän­di­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 9. Fe­bru­ar 2017 - 7 A 2.15 - BVer­w­GE 158, 1 Rn. 21, vom 4. Ju­ni 2020 - 7 A 1.18 - Buch­holz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 34 und vom 31. März 2023 - 4 A 10.21 - ju­ris Rn. 99). Ih­re An­wen­dung ist nicht zu be­an­stan­den.

18 2. Nach Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts lei­det die Ab­wä­gung in Be­zug auf die Be­wil­li­gung "Land­tief" nicht an be­acht­li­chen Män­geln. Da­ge­gen ist re­vi­si­ons­recht­lich nichts zu er­in­nern.

19 Das Ab­wä­gungs­ge­bot des § 43 Satz 3 En­WG a. F. ver­langt, dass - ers­tens - ei­ne Ab­wä­gung über­haupt statt­fin­det, dass - zwei­tens - in die Ab­wä­gung an Be­lan­gen ein­ge­stellt wird, was nach La­ge der Din­ge ein­ge­stellt wer­den muss, und dass - drit­tens - we­der die Be­deu­tung der öf­fent­li­chen und pri­va­ten Be­lan­ge ver­kannt noch der Aus­gleich zwi­schen ih­nen in ei­ner Wei­se vor­ge­nom­men wird, die zur ob­jek­ti­ven Ge­wich­tig­keit ein­zel­ner Be­lan­ge au­ßer Ver­hält­nis steht. In­ner­halb des so ge­zo­ge­nen Rah­mens wird das Ab­wä­gungs­ge­bot nicht ver­letzt, wenn sich die zur Pla­nung er­mäch­tig­te Stel­le in der Kol­li­si­on zwi­schen ver­schie­de­nen Be­lan­gen für die Be­vor­zu­gung des ei­nen und da­mit not­wen­dig für die Zu­rück­stel­lung ei­nes an­de­ren ent­schei­det (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. Fe­bru­ar 1975 - 4 C 21.74 - BVer­w­GE 48, 56 <63 f.> und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVer­w­GE 161, 263 Rn. 73).

20 Be­stehen kei­ne recht­lich zwin­gen­den Vor­ga­ben, ist die Aus­wahl un­ter ver­schie­de­nen Tras­sen­va­ri­an­ten ei­ne fach­pla­ne­ri­sche Ab­wä­gungs­ent­schei­dung. Die Aus­übung der pla­ne­ri­schen Ge­stal­tungs­frei­heit un­ter­liegt recht­li­chen Bin­dun­gen. Die Wahl ei­ner Tras­sen­va­ri­an­te ist rechts­feh­ler­haft, wenn ei­ne an­de­re als die ge­wähl­te Li­ni­en­füh­rung sich un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler ab­wä­gungs­er­heb­li­chen Be­lan­ge ein­deu­tig als die bes­se­re, weil öf­fent­li­che und pri­va­te Be­lan­ge ins­ge­samt scho­nen­de­re dar­stel­len wür­de, wenn sich mit an­de­ren Wor­ten die­se Lö­sung der Be­hör­de hät­te auf­drän­gen müs­sen. Dar­über hin­aus ist die Ab­wä­gungs­ent­schei­dung auch dann feh­ler­haft, wenn der Pla­nungs­be­hör­de in­fol­ge ei­ner feh­ler­haf­ten Er­mitt­lung, Be­wer­tung und Ge­wich­tung ein­zel­ner Be­lan­ge ein rechts­er­heb­li­cher Feh­ler un­ter­lau­fen ist (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 - BVer­w­GE 107, 1 <11> und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVer­w­GE 161, 263 Rn. 82).

21 Hier­von ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­ge­gan­gen (UA S. 44).

22 a) Ei­ne Fehl­ge­wich­tung der Be­lan­ge der Klä­ge­rin im Hin­blick auf die Be­wil­li­gung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ver­neint. Dies steht mit re­vi­si­blem Recht in Ein­klang.

23 aa) Die berg­recht­li­che Be­wil­li­gung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 BBergG ge­währt das aus­schlie­ß­li­che Recht, in ei­nem be­stimm­ten Feld (Be­wil­li­gungs­feld) die in ihr be­zeich­ne­ten Bo­den­schät­ze auf­zu­su­chen, zu ge­win­nen so­wie das Ei­gen­tum an den Bo­den­schät­zen zu er­wer­ben. Mit die­ser Rechts­po­si­ti­on un­ter­fällt sie dem Schutz­be­reich des Ei­gen­tums­grund­rechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie ist da­her - so­lan­ge sie nicht wi­der­ru­fen wur­de (vgl. § 18 Abs. 1 und 3 BBergG) – als ge­wich­ti­ger Be­lang in die fach­pla­ne­ri­sche Ab­wä­gung ein­zu­stel­len. Das gilt, wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat (UA S. 47), auch dann, wenn noch kein Be­triebs­plan zu­ge­las­sen oder - wie hier - kein neu­er Be­triebs­plan be­an­tragt wur­de (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 2016 - 9 A 1.15 - BVer­w­GE 154, 153 Rn. 16, 20). Be­wil­li­gung und Be­triebs­plan­zu­las­sung ver­hal­ten sich in­so­weit zu­ein­an­der wie (Grund-)Ei­gen­tum und Nut­zungs-/Bau­er­laub­nis (vgl. Küh­ne, NVwZ 2018, 214). Un­ge­ach­tet des­sen darf die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de - auch in­so­weit ist dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­zu­stim­men - bei der Ab­wä­gung be­rück­sich­ti­gen, ob im Ein­zel­fall wei­te­re Um­stän­de, et­wa ein ak­tu­el­ler Ge­win­nungs­be­trieb, der ei­gen­tums­recht­lich ge­schütz­ten Rechts­po­si­ti­on des Be­wil­li­gungs­in­ha­bers zu­sätz­li­ches Ge­wicht ver­lei­hen.

24 Die­sen Rechts­maß­stä­ben wird die Ab­wä­gungs­ent­schei­dung nach der Aus­le­gung des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses in Ge­stalt des Planer­gän­zungs­be­schlus­ses durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ge­recht (UA S. 47 f.). Die­se Aus­le­gung lässt kei­ne Ver­stö­ße ge­gen an­er­kann­te Aus­le­gungs­grund­sät­ze, ge­setz­li­che Aus­le­gungs­re­geln, die Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze er­ken­nen.

25 Die in die­sem Zu­sam­men­hang er­ho­be­ne Rü­ge der Ak­ten­wid­rig­keit geht fehl. Sie ver­langt den schlüs­si­gen Vor­trag, dass zwi­schen den in der an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dung ge­trof­fe­nen tat­säch­li­chen An­nah­men und dem in­so­weit un­um­strit­te­nen Ak­ten­in­halt ein of­fen­sicht­li­cher Wi­der­spruch be­steht (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 23. No­vem­ber 2016 - 4 CN 2.16 - BVer­w­GE 156, 336 Rn. 23 m. w. N.). Das leis­tet die Re­vi­si­on nicht. Sie zeigt schon kei­nen of­fen­sicht­li­chen Wi­der­spruch zwi­schen den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen im Ur­teil und dem Ak­ten­in­halt auf, son­dern macht ei­ne ver­meint­lich wi­der­sprüch­li­che Tat­sa­chen­wür­di­gung im Hin­blick auf na­tur­schutz­fach­li­che Hin­de­rungs­grün­de für ei­ne mög­li­che Ge­win­nungs­tä­tig­keit auf Sei­te 47 f. ei­ner­seits und Sei­te 62 ff. an­de­rer­seits des Ur­teils gel­tend. Ab­ge­se­hen da­von be­tref­fen die be­an­stan­de­ten Aus­füh­run­gen un­ter­schied­li­che recht­li­che Ge­sichts­punk­te, näm­lich zum ei­nen die Ab­wä­gungs­ent­schei­dung der Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de und zum an­de­ren die Ur­säch­lich­keit des plan­fest­ge­stell­ten Vor­ha­bens für Be­ein­träch­ti­gun­gen des Be­wil­li­gungs­fel­des im Rah­men der Ent­schä­di­gungs­pflicht. Für ei­nen un­auf­lös­ba­ren Wi­der­spruch ist in­so­weit nichts dar­ge­tan oder er­sicht­lich.

26 Un­ge­ach­tet des­sen hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ei­nen et­wai­gen Ab­wä­gungs­feh­ler durch die im Er­gän­zungs-Plan­fest­stel­lungs­be­schluss (S. 7 f.) an­ge­stell­ten Zu­satz­er­wä­gun­gen als ge­heilt an­ge­se­hen (UA S. 48).

27 bb) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG die pri­va­ten Be­lan­ge der Klä­ge­rin nicht ver­stärkt (UA S. 49).

28 Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG ist bei der An­wen­dung von Vor­schrif­ten, die auf u. a. im In­ter­es­se ei­nes öf­fent­li­chen Zwecks ge­schütz­ten Grund­stü­cken sol­che Tä­tig­kei­ten ver­bie­ten oder be­schrän­ken, die ih­rer Art nach der Auf­su­chung oder Ge­win­nung die­nen kön­nen, da­für Sor­ge zu tra­gen, dass die Auf­su­chung und Ge­win­nung so we­nig wie mög­lich be­ein­träch­tigt wer­den. Die­se so­ge­nann­te Roh­stoff­si­che­rungs­klau­sel bringt die - bei Er­mes­sens- und Ab­wä­gungs­ent­schei­dun­gen zu be­ach­ten­de - ge­setz­ge­be­ri­sche Wer­tung zum Aus­druck, dass die hei­mi­sche Roh­stoff­ver­sor­gung im ge­samt­wirt­schaft­li­chen In­ter­es­se si­cher­ge­stellt wer­den soll. Sie ent­hält aber kei­ne "ab­so­lu­te" Vor­rang­re­ge­lung (vgl. BVer­wG, Ge­richts­be­scheid vom 30. Ju­li 1998 - 4 A 1.98 - Buch­holz 407.4 § 17 FStrG Nr. 140 S. 280 m. w. N.; Ur­teil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 - BVer­w­GE 81, 329 <339 f., 342>). Das - hier als ge­wich­tig in die Ab­wä­gung ein­ge­stell­te (UA S. 48 f.) – öf­fent­li­che In­ter­es­se am Roh­stoff­ab­bau bzw. an der Si­cher­stel­lung der hei­mi­schen Roh­stoff­ver­sor­gung stimmt mit dem pri­va­ten In­ter­es­se der Klä­ge­rin über­ein, ver­leiht ihm aber kein zu­sätz­li­ches Ge­wicht.

29 cc) Die Po­si­ti­on der Klä­ge­rin wird auch durch das Op­ti­mie­rungs­ge­bot des § 124 Abs. 1 BBergG nicht ver­stärkt (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 2016 - 9 A 1.15 - BVer­w­GE 154, 153 Rn. 16 f.). § 124 BBergG trifft ei­ne spe­zi­el­le Re­ge­lung für das Nach­bar­schafts­ver­hält­nis zwi­schen öf­fent­li­chen Ver­kehrs­an­la­gen und Berg­bau, die auf En­er­gie­lei­tun­gen kei­ne An­wen­dung fin­det.

30 b) Ei­ne Ver­let­zung des Rechts am ein­ge­rich­te­ten und aus­ge­üb­ten Ge­wer­be­be­trieb schei­det - wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in an­de­ren Zu­sam­men­hän­gen, im Er­geb­nis aber zu­tref­fend er­kannt hat (UA S. 39) – aus. Die Be­wil­li­gung nach § 8 BBergG ist un­ge­ach­tet des Um­stan­des, dass ein ak­ti­ver Ge­win­nungs­be­trieb in Be­zug auf das Be­wil­li­gungs­feld nicht vor­liegt, als dem Schutz des Ei­gen­tums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG un­ter­fal­len­des Recht in die Ab­wä­gung ein­ge­stellt wor­den. Der Schutz des ein­ge­rich­te­ten und aus­ge­üb­ten Ge­wer­be­be­triebs geht nicht wei­ter (vgl. BVerfG, Ur­teil vom 6. De­zem­ber 2016 - 1 BvR 2821/11 u. a. - BVerf­GE 143, 246 Rn. 240 m. w. N.).

31 c) Die Über­prü­fung der Ab­wä­gungs­ent­schei­dung zu den Tras­sen­va­ri­an­ten lässt kei­ne Ver­stö­ße ge­gen re­vi­si­bles Recht er­ken­nen.

32 aa) Die Klä­ge­rin hält die Ent­schei­dung des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses ge­gen die Tras­sen­va­ri­an­te 4, die das Be­wil­li­gungs­feld um­fah­ren wür­de, für feh­ler­haft. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat ei­nen Ab­wä­gungs­man­gel un­ter Hin­weis auf die im Plan­fest­stel­lungs­be­schluss an­ge­führ­ten, im Er­gän­zungs-Plan­fest­stel­lungs­be­schluss be­stä­tig­ten na­tur­schutz­fach­li­chen Grün­de - deut­li­che Mehr­län­ge der Tras­se im FFH-Ge­biet (2,2 km) so­wie er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gun­gen des Le­bens­raum­typs 1170 "Rif­fe" – ver­neint (UA S. 51). Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Kri­tik dringt die Re­vi­si­on nicht durch.

33 An die Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zur Mehr­län­ge der Va­ri­an­te 4 und zur Be­trof­fen­heit des LRT 1170 ist der Se­nat man­gels zu­läs­si­ger und be­grün­de­ter Ver­fah­rens­rü­gen ge­bun­den (§ 137 Abs. 2 Vw­GO). In recht­li­cher Hin­sicht trifft zu, dass ha­bi­tat­recht­li­che Be­ein­träch­ti­gun­gen ei­ner Tras­sen­va­ri­an­te nicht erst dann ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den dür­fen, wenn sie nach § 34 Abs. 2 BNatSchG zu de­ren Un­zu­läs­sig­keit füh­ren wür­den. Ge­mäß § 43 Satz 3 En­WG <a. F.> sind die von dem Vor­ha­ben "be­rühr­ten" öf­fent­li­chen und pri­va­ten Be­lan­ge bei der Ab­wä­gung zu be­rück­sich­ti­gen. Das schlie­ßt al­le schutz­wür­di­gen und er­kenn­ba­ren Be­lan­ge ein, die mehr als nur ge­ring­fü­gig be­trof­fen sind.

34 bb) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat ge­bil­ligt, dass die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de ei­ne Tras­sen­ver­schie­bung in nicht roh­stoff­höf­fi­ge Ge­bie­te im öst­li­chen Teil des Be­wil­li­gungs­fel­des nicht ge­prüft hat. Es sei nicht dar­ge­tan oder er­sicht­lich, war­um es sich bei die­ser "Zwi­schen­va­ri­an­te" um ei­ne ernst­haft in Be­tracht kom­men­de Al­ter­na­ti­ve han­deln sol­le, zu­mal die­se Ge­bie­te ge­ra­de zum LRT 1170 ge­hör­ten (UA S. 52). Da­ge­gen ist re­vi­si­ons­recht­lich nichts zu er­in­nern. Die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de muss nicht je­de in das Ver­fah­ren ein­ge­brach­te, son­dern nur ernst­haft in Be­tracht kom­men­de Va­ri­an­ten in ih­re Prü­fung ein­stel­len (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 21. Ja­nu­ar 2016 - 4 A 5.14 - BVer­w­GE 154, 73 Rn. 168 und vom 15. De­zem­ber 2016 - 4 A 4.15 - BVer­w­GE 157, 73 Rn. 32).

35 cc) Die Re­vi­si­on kri­ti­siert die Wür­di­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die Fehl­in­ter­pre­ta­ti­on des Lan­des­raum­ent­wick­lungs­pro­gramms 2005 durch die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de be­grün­de kei­nen er­geb­nis­re­le­van­ten Ab­wä­gungs­man­gel im Sin­ne von § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG M-V (UA S. 49 f.). Das führt nicht auf ei­nen Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht.

36 Rechts­feh­ler bei der An­wen­dung von § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG M-V zeigt die Re­vi­si­on nicht auf. Dass die Aus­le­gung des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ge­gen die an­er­kann­ten Aus­le­gungs­grund­sät­ze, ge­setz­li­chen Aus­le­gungs­re­geln oder die all­ge­mei­nen Denk- und Er­fah­rungs­sät­ze ver­stö­ßt, ist nicht dar­ge­tan oder er­sicht­lich. Das gilt auch, so­weit das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ei­nen Ab­wä­gungs­man­gel un­ter dem Ge­sichts­punkt der Stand­ort­ge­bun­den­heit von Roh­stoff­la­ger­stät­ten ver­neint hat (UA S. 52).

37 3. Die An­nah­me, die Ab­wä­gung lei­de auch im Hin­blick auf das Er­laub­nis­feld "Pro­rer Wiek Süd" nicht an Män­geln, be­geg­net eben­falls kei­nen Be­den­ken.

38 a) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat das Ge­wicht, das der berg­recht­li­chen Er­laub­nis ver­fas­sungs- und ein­fach­recht­lich zu­kommt, nicht ver­kannt.

39 Die Er­laub­nis ge­währt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBergG das aus­schlie­ß­li­che Recht, in ei­nem be­stimm­ten Er­laub­nis­feld die in der Er­laub­nis be­zeich­ne­ten Bo­den­schät­ze auf­zu­su­chen. Ge­mäß § 12 Abs. 2 BBergG darf ei­ne vom Er­laub­nis­in­ha­ber be­an­trag­te Be­wil­li­gung zur Ge­win­nung der in der Er­laub­nis be­zeich­ne­ten Bo­den­schät­ze nur aus den Grün­den des Ab­sat­zes 1 und nur ver­sagt wer­den, wenn die Tat­sa­chen, die die Ver­sa­gung recht­fer­ti­gen, erst nach der Er­tei­lung der Er­laub­nis ein­ge­tre­ten sind. Schlie­ß­lich hat nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BBergG ein frist­ge­rech­ter An­trag des Er­laub­nis­in­ha­bers auf Er­tei­lung ei­ner Be­wil­li­gung, so­weit er sich auf das in­ner­halb sei­ner Er­laub­nis ge­le­ge­ne Feld be­zieht, Vor­rang vor al­len üb­ri­gen An­trä­gen auf Er­tei­lung ei­ner Be­wil­li­gung für den­sel­ben Bo­den­schatz. Die­se Re­ge­lun­gen tra­gen dem Um­stand Rech­nung, dass dem Be­rech­tig­ten bis zur Ent­de­ckung der Bo­den­schät­ze in der Re­gel fi­nan­zi­el­le Auf­wen­dun­gen ent­stan­den sind und der­ar­ti­ge In­ves­ti­tio­nen ver­nünf­ti­ger­wei­se nur mit dem Ziel vor­ge­nom­men wer­den, ent­deck­te Bo­den­schät­ze auch im ei­ge­nen Un­ter­neh­men zu ge­win­nen (BT-Drs. 8/1315 S. 88).

40 Ein ver­selb­stän­dig­tes, dem Ei­gen­tums­schutz des Art. 14 Abs. 1 GG un­ter­fal­len­des An­wart­schafts­recht auf Ge­win­nung auf­ge­fun­de­ner Roh­stof­fe und Er­tei­lung der ent­spre­chen­den Be­wil­li­gung ist mit die­ser ein­fach­recht­li­chen Pri­vi­le­gie­rung nicht ver­bun­den. Die oben ge­nann­ten Vor­schrif­ten be­grün­den kein sub­jek­tiv-öf­fent­li­ches Recht, das so ver­fes­tigt ist, dass ein er­satz­lo­ser Ent­zug nach der ge­sam­ten recht­li­chen Aus­ge­stal­tung und dem rechts­staat­li­chen Ge­halt des Grund­ge­set­zes als aus­ge­schlos­sen er­scheint. Der Er­laub­nis­in­ha­ber ge­nie­ßt zwar ei­ne ge­wis­se Pri­vi­le­gie­rung, die Er­tei­lung der Be­wil­li­gung hängt aber von wei­te­ren Be­din­gun­gen ab, die sei­nem Ein­fluss ent­zo­gen sind (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 13. April 2007 - 1 BvR 284/05 - ZfB 2008, 85 Rn. 5; BGH, Ur­teil vom 9. De­zem­ber 2004 - III ZR 263/04 - BGHZ 161, 305 <314>). In Er­man­ge­lung ei­nes ei­gen­tums­fä­hi­gen An­wart­schafts­rechts kommt auch ein spe­zi­fi­scher Ver­trau­ens­schutz für In­ves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen nicht in Be­tracht. Er setzt ei­ne ei­gen­tums­fä­hi­ge Rechts­po­si­ti­on vor­aus, be­grün­det die­se aber nicht (vgl. BVerfG, Ur­teil vom 30. Ju­ni 2020 - 1 BvR 1679/17 u. a. - BVerf­GE 155, 238 Rn. 88). Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bie­tet eben­falls kei­ne Grund­la­ge für ei­nen Ver­trau­ens­schutz we­gen frus­trier­ter In­ves­ti­tio­nen (BVerfG, Ur­teil vom 30. Ju­ni 2020 - 1 BvR 1679/17 u. a. - BVerf­GE 155, 238 Rn. 110).

41 Die­se Rechts­maß­stä­be hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt sei­ner Ent­schei­dung zu­grun­de ge­legt (UA S. 37 ff., 53). Ei­ne Be­ein­träch­ti­gung des durch Art. 14 Abs. 1 GG ge­schütz­ten Rechts auf Auf­su­chung der Roh­stof­fe hat es ver­neint, weil die Auf­su­chung bei Er­lass des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses bzw. ab­seh­bar bis zum Be­ginn der Ver­wirk­li­chung des plan­fest­ge­stell­ten Vor­ha­bens be­reits rea­li­siert und ei­ne wei­te­re Auf­su­chungs­tä­tig­keit nicht mehr mög­lich bzw. nicht mehr be­ab­sich­tigt ge­we­sen sei (UA S. 37 un­ter (2)). Das In­ter­es­se der Klä­ge­rin, auf­ge­such­te Roh­stof­fe un­ter den er­leich­ter­ten Be­din­gun­gen des § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 1 BBergG ge­win­nen zu kön­nen, hat es als ab­zu­wä­gen­den Be­lang an­er­kannt, aber durch die Er­wä­gun­gen des Er­gän­zungs-Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses als über­wun­den be­trach­tet (UA S. 40, 55). Das lässt kei­ne Rechts­feh­ler er­ken­nen. Auf das Er­lö­schen der Er­laub­nis mit Ab­lauf des 31. De­zem­ber 2016 hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in­so­weit nicht tra­gend ab­ge­stellt; auf Sei­te 53 wird un­ter (2) nur auf die Aus­füh­run­gen un­ter 2. b) bb) (2) (UA S. 37) ver­wie­sen.

42 b) Auch im Üb­ri­gen sind Bun­des­rechts­ver­stö­ße bei der Über­prü­fung der Ab­wä­gung im Hin­blick auf das Er­laub­nis­feld nicht er­sicht­lich.

43 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Aus­sa­ge des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses ge­bil­ligt, dass scho­nen­de­re al­ter­na­ti­ve Tras­sen­füh­run­gen nicht er­kenn­bar sei­en, und fest­ge­stellt, die Klä­ge­rin ha­be nicht vor­ge­tra­gen, wel­che Tras­sen­al­ter­na­ti­ven als na­he­lie­gend hät­ten in Be­tracht ge­zo­gen wer­den müs­sen (UA S. 54). So­fern die Re­vi­si­on die­ser Er­wä­gung das Ein­wen­dungs­schrei­ben vom 28. Au­gust 2014 ent­ge­gen­hält, fehlt es an der ord­nungs- und frist­ge­mä­ßen Dar­le­gung ei­nes Ver­fah­rens­man­gels (§ 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO). Die­ser muss so­wohl in den ihn (ver­meint­lich) be­grün­den­den Tat­sa­chen als auch in sei­ner recht­li­chen Wür­di­gung sub­stan­ti­iert dar­ge­tan wer­den (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 19. Au­gust 1997 - 7 B 261.97 - Buch­holz 310 § 133 <n. F.> Vw­GO Nr. 26 S. 14). Die Klä­ge­rin zeigt nicht auf, in­wie­fern sich aus der Be­schrei­bung der Fol­gen des Ver­lus­tes von 30 % der bis­lang er­kun­de­ten Flä­che An­halts­punk­te für kon­kret in Be­tracht kom­men­de Al­ter­na­tiv­tras­sen er­ge­ben soll­ten.

44 Mit der Be­zeich­nung des Vor­be­halts­ge­biets Lei­tun­gen als "raum­ord­ne­ri­scher Fix­punkt" (UA S. 54) woll­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt er­kenn­bar nicht in Fra­ge stel­len, dass Vor­be­halts­ge­bie­te nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ROG le­dig­lich als Ge­wich­tungs­vor­ga­be auf Ab­wä­gungs­ent­schei­dun­gen ein­wir­ken und durch öf­fent­li­che oder pri­va­te Be­lan­ge von hö­he­rem Ge­wicht über­wun­den wer­den kön­nen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 16. April 2015 - 4 CN 6.14 - BVer­w­GE 152, 49 Rn. 6 m. w. N.). Wie sich aus dem Kon­text er­gibt, soll­te da­mit nur ein in der Um­ge­bung des Er­laub­nis­fel­des fi­xier­ter, raum­ord­ne­ri­scher Be­lang be­zeich­net wer­den.

45 Schlie­ß­lich be­geg­net auch die An­nah­me, dass der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss das Pipe­line-Vor­ha­ben "NEXT" be­rück­sich­ti­gen durf­te, ob­wohl es pla­nungs­recht­lich noch nicht ver­fes­tigt war, kei­nen recht­li­chen Be­den­ken.

46 B. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den Be­klag­ten ver­pflich­tet, den Plan­fest­stel­lungs­be­schluss da­hin zu er­gän­zen, dass der Klä­ge­rin im Hin­blick auf die Be­wil­li­gung "Land­tief" Ent­schä­di­gung dem Grun­de nach zu ge­wäh­ren ist. Für die Er­laub­nis "Pro­rer Wiek Süd" hat es ei­nen sol­chen An­spruch ver­neint. Bei­des hält re­vi­si­ons­ge­richt­li­cher Prü­fung stand.

47 I. Die Klä­ge­rin kann ver­lan­gen, dass der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss um ei­ne Ent­schä­di­gungs­re­ge­lung dem Grun­de nach für die Be­wil­li­gung "Land­tief" er­gänzt wird.

48 1. An­spruchs­grund­la­ge ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V. Nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V hat die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de dem Trä­ger des je­wei­li­gen Vor­ha­bens u. a. die Vor­keh­run­gen oder die Er­rich­tung und Un­ter­hal­tung von An­la­gen auf­zu­er­le­gen, die zur Ver­mei­dung nach­tei­li­ger Wir­kun­gen auf die Rech­te an­de­rer er­for­der­lich sind. Sind sol­che Vor­keh­run­gen oder An­la­gen un­tun­lich oder mit dem Vor­ha­ben un­ver­ein­bar, hat der Be­trof­fe­ne nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V ei­nen An­spruch auf an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung in Geld. Der Ent­schä­di­gungs­an­spruch ist dem Grun­de nach im Plan­fest­stel­lungs­be­schluss fest­zu­stel­len, zu­dem sind die Be­mes­sungs­grund­la­gen für die Hö­he an­zu­ge­ben (BVer­wG, Ur­teil vom 10. Ju­li 2012 - 7 A 11.11 - BVer­w­GE 143, 249 Rn. 70).

49 a) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V re­gelt kei­ne Ent­schä­di­gung für ei­ne Ent­eig­nung im Sin­ne des Art. 14 Abs. 3 GG. Viel­mehr be­stim­men § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG M-V In­halt und Schran­ken des Ei­gen­tums im Sin­ne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 22. Mai 1987 - 4 C 17.84 u. a. - BVer­w­GE 77, 295 <297 f.> und vom 10. Ju­li 2012 - 7 A 11.11 - BVer­w­GE 143, 249 Rn. 71). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V tritt an die Stel­le nicht rea­li­sier­ba­rer, weil un­tun­li­cher oder mit dem Vor­ha­ben un­ver­ein­ba­rer tech­nisch-rea­ler Schutz­maß­nah­men (BVer­wG, Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 1991 - 4 C 51.89 - BVer­w­GE 87, 332 <377>). Die Norm ge­währt aber kei­nen An­spruch auf ei­nen Aus­gleich al­ler Ver­mö­gens­nach­tei­le, die ein Plan­vor­ha­ben aus­löst (BVer­wG, Ur­tei­le vom 27. Ju­ni 2007 - 4 A 2004.05 - BVer­w­GE 129, 83 Rn. 12, vom 10. Ju­li 2012 - 7 A 11.11 - BVer­w­GE 143, 249 Rn. 73 und vom 28. No­vem­ber 2017 - 7 A 1.17 - Buch­holz 445.5 § 12 WaStrG Nr. 4 Rn. 93).

50 b) Ein Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V setzt vor­aus, dass Schutz­vor­keh­run­gen zur Ver­mei­dung nach­tei­li­ger Wir­kun­gen auf Rech­te an­de­rer im Sin­ne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V er­for­der­lich sind.

51 Er­for­der­lich ist ei­ne Schutz­vor­keh­rung, wenn die fach­pla­ne­ri­sche Zu­mut­bar­keits­schwel­le über­schrit­ten wird (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 10. Ju­li 2012 - 7 A 11.11 - BVer­w­GE 143, 249 Rn. 23, 36). Die Schwel­le ist nach den Ma­ß­ga­ben des Fach­pla­nungs­rechts zu be­stim­men und von der ver­fas­sungs­recht­li­chen Zu­mut­bar­keits­schwel­le zu un­ter­schei­den, de­ren Über­schrei­ten bei Be­ein­träch­ti­gun­gen von Grund­stü­cken ei­nen Über­nah­me­an­spruch aus­löst (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVer­w­GE 125, 116 Rn. 375 f. und vom 8. Sep­tem­ber 2016 - 3 A 5.15 - Buch­holz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 35 f.). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V ge­währt da­her ei­nen An­spruch auf Ent­schä­di­gung be­reits un­ter­halb der Schwel­le ei­ner voll­stän­di­gen Ent­wer­tung des Ei­gen­tums­rechts (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 22. Mai 1987 - 4 C 17.84 u. a. - BVer­w­GE 77, 295 <297> und vom 29. Ja­nu­ar 1991 - 4 C 51.89 - BVer­w­GE 87, 332 <383>).

52 An­ders als die Bei­ge­la­de­ne meint, hat we­der die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de noch gar der Trä­ger ei­nes Vor­ha­bens ei­nen Spiel­raum bei der Be­stim­mung der Zu­mut­bar­keits­schwel­le. Al­ler­dings hängt es von den je­wei­li­gen be­son­de­ren Um­stän­den ab und lässt sich nicht all­ge­mein ver­bind­lich be­schrei­ben, wann Vor­keh­run­gen im Sin­ne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V er­for­der­lich sind (BVer­wG, Ur­teil vom 12. Au­gust 1999 - 4 C 3.98 - Buch­holz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 S. 4); dies gilt je­den­falls in den Fäl­len, in de­nen die­se Schwel­le nicht ver­bind­lich, et­wa durch Ge­setz oder Ver­ord­nung be­stimmt ist. Dar­aus folgt je­doch nicht, dass ih­re Be­stim­mung ei­ner - nur ein­ge­schränkt ge­richt­lich über­prüf­ba­ren - Ab­wä­gung un­ter­lä­ge oder in­so­weit ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum er­öff­net wä­re. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG M-V sind aus­weis­lich ih­res Wort­lauts strikt bin­den­des Recht. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V setzt der Ab­wä­gung ei­ne äu­ßers­te, durch ge­rech­te Ab­wä­gung nicht mehr über­wind­ba­re Gren­ze. Fehlt es an not­wen­di­gen Schutz­auf­la­gen, ist der Plan in­so­weit man­gels aus­rei­chen­der Kon­flikt­be­wäl­ti­gung rechts­wid­rig (BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. Fe­bru­ar 1975 - 4 C 21.74 - BVer­w­GE 48, 56 <68 f.> und vom 3. Mai 2011 - 7 A 9.09 - Buch­holz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 12 Rn. 34). Die Vor­aus­set­zun­gen für de­ren An­ord­nung un­ter­lie­gen un­ein­ge­schränk­ter ge­richt­li­cher Prü­fung (BVer­wG, Ur­teil vom 1. Sep­tem­ber 1999 - 11 A 2.98 - Buch­holz 316 § 74 VwVfG Nr. 52 S. 4). Dies gilt ent­spre­chend, wenn die Zu­mut­bar­keits­schwel­le als Vor­aus­set­zung ei­nes An­spruchs nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V zu be­stim­men ist.

53 2. Die Be­wil­li­gung ist ein Recht, des­sen Be­ein­träch­ti­gung ei­nen Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V aus­löst, wenn die Zu­mut­bar­keits­gren­ze über­schrit­ten wird und Schutz­vor­keh­run­gen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V un­tun­lich sind. Das Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im Er­geb­nis zu­tref­fend be­jaht.

54 a) Die Be­wil­li­gung als Berg­bau­be­rech­ti­gung ge­nie­ßt den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG und ist ein Recht an­de­rer im Sin­ne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V. Dies steht zwi­schen den Be­tei­lig­ten nicht im Streit.

55 b) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat im Er­geb­nis zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die Be­ein­träch­ti­gung der Be­wil­li­gung "Land­tief" die Zu­mut­bar­keits­gren­ze über­schrei­tet, ob­wohl das plan­fest­ge­stell­te Vor­ha­ben nicht die ge­sam­te Flä­che des Be­wil­li­gungs­fel­des be­legt. Es be­durf­te auch kei­ner Auf­klä­rung, ob ein Ab­bau auf den Rest­flä­chen noch wirt­schaft­lich sinn­voll ist oder das Vor­ha­ben zu ei­nem wirt­schaft­li­chen To­tal­ver­lust in Be­zug auf die Be­wil­li­gung führt.

56 aa) Der recht­li­che Maß­stab des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts be­darf al­ler­dings der Kor­rek­tur. Es hat die Be­ein­träch­ti­gung für un­zu­mut­bar ge­hal­ten, weil ein Be­triebs­plan für die Ge­win­nung der Bo­den­schät­ze auf dem ge­sam­ten Be­wil­li­gungs­feld ein an­de­res Vor­ha­ben zum Ge­gen­stand hät­te als die Ge­win­nung auf den Rest­flä­chen (UA S. 58 f.). Die­ser An­satz nimmt - un­zu­tref­fend - die Ge­neh­mi­gung ei­nes spä­te­ren Ge­win­nungs­be­trie­bes in den Blick. Viel­mehr ist der Ver­lust von quan­ti­ta­tiv nicht un­be­deu­ten­den Teil­flä­chen ei­nes Be­wil­li­gungs­fel­des be­reits als sol­cher un­zu­mut­bar.

57 Be­ein­träch­ti­gun­gen ei­ner Be­wil­li­gung sind in al­ler Re­gel un­zu­mut­bar, wenn ih­re Pri­vat­nüt­zig­keit voll­stän­dig er­satz- und über­gangs­los ent­fällt (vgl. zum Berg­werks­ei­gen­tum BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 29). Denn die Pri­vat­nüt­zig­keit des Ei­gen­tums ge­hört zum Kern­be­reich der Ei­gen­tums­ga­ran­tie, der nicht aus­ge­höhlt wer­den darf. So ist die Nut­zungs­be­schrän­kung ei­nes Grund­stücks un­zu­mut­bar, wenn für die­ses kei­ne sinn­vol­le Nut­zung mehr er­öff­net ist (BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 29 un­ter Ver­weis auf BVerfG, Be­schluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerf­GE 100, 226 <243>). Bei der Über­tra­gung die­ses Grund­sat­zes auf die berg­recht­li­che Be­wil­li­gung ist de­ren "Ein­di­men­sio­na­li­tät" (vgl. Küh­ne, DVBl. 2012, 661 <664>) zu be­ach­ten. Die Be­wil­li­gung er­schöpft sich dar­in, ih­rem In­ha­ber das aus­schlie­ß­li­che Recht ein­zu­räu­men, im Be­wil­li­gungs­feld die be­zeich­ne­ten Bo­den­schät­ze auf­zu­su­chen und zu ge­win­nen so­wie das Ei­gen­tum an ih­nen zu er­wer­ben. Kann der In­ha­ber von die­sem Recht kei­nen Ge­brauch ma­chen, weil ihm ein nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG für den Auf­su­chungs-, Ge­win­nungs- und Auf­be­rei­tungs­be­trieb not­wen­di­ger Be­triebs­plan nicht mehr er­teilt wird, ver­blei­ben kei­ne an­de­ren Nut­zungs­mög­lich­kei­ten. Die­se Be­schrän­kung ent­spricht wirt­schaft­lich dem voll­stän­di­gen Ent­zug der Ei­gen­tums­po­si­ti­on (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 28 ff.).

58 Je­den­falls die für § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG M-V ma­ß­geb­li­che fach­pla­nungs­recht­li­che Zu­mut­bar­keits­schwel­le wird re­gel­mä­ßig auch dann über­schrit­ten, wenn ein Vor­ha­ben nur ei­nen Teil ei­nes Be­wil­li­gungs­fel­des be­ein­träch­tigt. Zwar ist Ge­gen­stand der Be­wil­li­gung das Recht, Bo­den­schät­ze in ei­nem "be­stimm­ten Feld", dem Be­wil­li­gungs­feld (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 BBergG), auf­zu­su­chen, zu ge­win­nen und dar­an Ei­gen­tum zu er­wer­ben. Aber auch wenn ein plan­fest­ge­stell­tes Vor­ha­ben das Be­wil­li­gungs­feld nur teil­wei­se be­legt und da­mit die Pri­vat­nüt­zig­keit der Be­wil­li­gung auf den Rest­flä­chen er­hal­ten bleibt, geht sie doch auf den "ge­sperr­ten" Teil­flä­chen voll­stän­dig ver­lo­ren. Letz­te­res ist ma­ß­ge­bend. An­de­ren­falls hin­ge die Zu­mut­bar­keit vom räum­li­chen Zu­schnitt des Be­wil­li­gungs­fel­des ab, weil der voll­stän­di­ge Ver­lust ei­nes klei­ne­ren Be­wil­li­gungs­fel­des un­zu­mut­bar, die flä­chen­mä­ßig glei­che Be­ein­träch­ti­gung ei­nes Teils ei­nes grö­ße­ren Be­wil­li­gungs­fel­des da­ge­gen zu­mut­bar er­schie­ne. Für die Zu­mut­bar­keit ei­ner Be­ein­träch­ti­gung kann nicht der - oft für Jahr­zehn­te er­fol­gen­de und aus Sicht der Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de und des Vor­ha­ben­trä­gers zu­fäl­li­ge - Zu­schnitt der Be­wil­li­gungs­fel­der den Aus­schlag ge­ben. Erst recht ist be­deu­tungs­los, ob und in wel­chem Um­fang der In­ha­ber ei­ner Be­wil­li­gung über an­de­re, von dem plan­fest­ge­stell­ten Vor­ha­ben nicht be­ein­träch­tig­te Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen ver­fügt.

59 Die Gren­ze der Zu­mut­bar­keit mag ge­wahrt sein, wenn sich die Be­ein­träch­ti­gung - et­wa auf­grund der La­ge der Flä­chen am Rand des Fel­des - auf die Aus­nutz­bar­keit der Be­wil­li­gung nur un­we­sent­lich aus­wirkt. Der Fall gibt kei­nen An­lass, die da­mit um­schrie­be­ne Un­ter­gren­ze nä­her zu be­stim­men. Wenn ein Vor­ha­ben - wie hier - das Be­wil­li­gungs­feld mit­tig durch­schnei­det und da­bei mehr als die Hälf­te der Flä­che in An­spruch nimmt, ist sie je­den­falls über­schrit­ten.

60 bb) Für den Kon­flikt ei­ner Be­wil­li­gung mit En­er­gie­lei­tun­gen im ma­ri­nen Be­reich gel­ten kei­ne Be­son­der­hei­ten. Zwar ist die Zu­las­sung des Be­triebs­plans für ei­nen Be­trieb im Be­reich des Fest­land­so­ckels oder der Küs­ten­ge­wäs­ser nach § 55 Abs. 1 Nr. 12 BBergG nur zu er­tei­len, wenn das Le­gen, die Un­ter­hal­tung und der Be­trieb von Un­ter­was­ser­ka­beln und Rohr­lei­tun­gen nicht mehr als nach den Um­stän­den un­ver­meid­bar be­ein­träch­tigt wer­den. Die Vor­schrift re­gelt in­des nur die Vor­aus­set­zun­gen für die Zu­las­sung des Be­triebs­plans, ord­net aber kei­nen Vor­rang von Un­ter­was­ser­ka­beln mit der Fol­ge an, dass Be­ein­träch­ti­gun­gen ei­ner Be­wil­li­gung durch Ver­le­gung und Be­trieb sol­cher Ka­bel stets zu­mut­bar und da­mit ent­schä­di­gungs­los hin­zu­neh­men sind. Vor­schrif­ten, die - wie § 124 Abs. 3 BBergG in Be­zug auf öf­fent­li­che Ver­kehrs­an­la­gen - die Be­wil­li­gung von vorn­her­ein mit be­schränk­tem In­halt ent­ste­hen las­sen, be­stehen zu­guns­ten von En­er­gie­lei­tun­gen nicht (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 33).

61 c) Vor­keh­run­gen oder An­la­gen zum rea­len Schutz des Be­wil­li­gungs­fel­des sind nach den Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts aus­ge­schlos­sen (UA S. 66) und da­mit un­tun­lich im Sin­ne von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V.

62 3. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass die Be­ein­träch­ti­gung der Be­wil­li­gung nicht we­gen et­wai­ger Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls zu­mut­bar ist.

63 a) Die Si­tua­ti­ons­ge­bun­den­heit des Be­wil­li­gungs­fel­des "Land­tief" führt nicht zur Zu­mut­bar­keit der Be­ein­träch­ti­gung.

64 Die Be­sei­ti­gung der Pri­vat­nüt­zig­keit kann aus­nahms­wei­se zu­mut­bar sein, wenn die La­ge ei­nes Be­wil­li­gungs­fel­des zwin­gend ge­bie­tet, die Ge­win­nung der Bo­den­schät­ze zu un­ter­sa­gen. Ei­ne sol­che Un­ter­sa­gung muss der Be­wil­li­gung ge­wis­ser­ma­ßen "auf die Stirn ge­schrie­ben" sein (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2018 - 4 C 9.17 - BVer­w­GE 163, 294 Rn. 34 f.). Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­wil­li­gung selbst Aus­druck ei­ner Si­tua­ti­ons­ge­bun­den­heit ist: Der Bo­den­schatz kann nur dort ge­won­nen wer­den, wo er in aus­rei­chen­dem Um­fang vor­han­den ist. Nach die­sen Maß­stä­ben hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt oh­ne Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht ei­ne Si­tua­ti­ons­ge­bun­den­heit des Be­wil­li­gungs­fel­des mit der Be­grün­dung ver­neint, La­ge und Be­schaf­fen­heit der Flä­che bö­ten sich nicht in be­son­de­rer Wei­se für die Ver­le­gung von En­er­gie­lei­tun­gen an, weil sie sich nicht von an­de­ren Flä­chen in der Ost­see un­ter­schie­de (UA S. 60).

65 b) Die Be­ein­träch­ti­gung ist nicht des­we­gen zu­mut­bar, weil die Klä­ge­rin bis­her über kei­nen Be­triebs­plan für die Ge­win­nung der Bo­den­schät­ze ver­fügt und folg­lich die Ge­win­nung noch nicht be­gon­nen hat.

66 Ein Ge­win­nungs­be­trieb darf nur auf­grund von Be­triebs­plä­nen er­rich­tet, ge­führt und ein­ge­stellt wer­den, die vom Un­ter­neh­mer auf­ge­stellt und von der zu­stän­di­gen Be­hör­de zu­ge­las­sen wor­den sind (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG). Den­noch muss der In­ha­ber ei­ner Be­wil­li­gung de­ren Be­ein­träch­ti­gung bis zur Er­tei­lung ei­nes Be­triebs­plans nicht ent­schä­di­gungs­los hin­neh­men. Das Ei­gen­tum im Sin­ne von Art. 14 Abs. 1 GG um­fasst viel­mehr das Recht, ei­gen­ver­ant­wort­lich da­von Ge­brauch zu ma­chen (BVerfG, Be­schlüs­se vom 7. De­zem­ber 2004 - 1 BvR 1804/03 - BVerf­GE 112, 93 <107> und vom 24. No­vem­ber 2022 - 2 BvR 1424/15 - NJW 2023, 1419 Rn. 107). Die Be­wil­li­gung ge­nie­ßt da­mit recht­li­chen Schutz, noch be­vor die Nut­zungs­ab­sicht durch ei­nen Be­triebs­plan kon­kre­ti­siert wor­den ist. Der Er­lass ei­nes sol­chen Plans ist kei­ne Vor­aus­set­zung für ei­nen An­spruch auf Schutz­vor­keh­run­gen oder Ent­schä­di­gung in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG M-V (vgl. zur Ab­wä­gungs­er­heb­lich­keit BVer­wG, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 2016 - 9 A 1.15 - BVer­w­GE 154, 153 Rn. 16, 20). Für die Be­stim­mung der Zu­mut­bar­keits­gren­ze ist da­her auch oh­ne Be­lang, dass die ma­ri­ne Kies- und Sand­ge­win­nung kei­ner orts­fes­ten Ein­rich­tun­gen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 BBergG) be­darf und die Klä­ge­rin noch kei­ne sons­ti­gen Ein­rich­tun­gen zur Ge­win­nung der Bo­den­schät­ze im Be­wil­li­gungs­feld ein­ge­setzt hat.

67 Ob ein Be­triebs­plan er­las­sen oder dar­über hin­aus be­reits ein Ge­win­nungs­be­trieb auf­ge­nom­men wor­den ist, wird re­gel­mä­ßig die Hö­he der Ent­schä­di­gung be­ein­flus­sen. Feh­len recht­li­che oder tat­säch­li­che Vor­aus­set­zun­gen, um den Bo­den­schatz zu ge­win­nen, ver­rin­gert dies den Grad der Ge­wiss­heit, die Be­wil­li­gung aus­nut­zen zu kön­nen und schmä­lert ih­ren Wert. Dies be­darf kei­ner Ver­tie­fung, weil über die Hö­he ei­ner Ent­schä­di­gung hier nicht zu ent­schei­den ist.

68 c) Der Be­klag­te hält die Be­ein­träch­ti­gung für zu­mut­bar, weil Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen im ma­ri­nen Be­reich gro­ß­zü­gig und lang­fris­tig ver­ge­ben wür­den. Im Ge­gen­zug für die­se Pla­nungs­si­cher­heit müss­ten die Be­wil­li­gungs­in­ha­ber Be­ein­träch­ti­gun­gen ent­schä­di­gungs­los hin­neh­men. Der Ein­wand bleibt er­folg­los.

69 Das Bun­des­berg­ge­setz geht da­von aus, dass Berg­bau­be­rech­ti­gun­gen grund­sätz­lich zeit­nah ins Werk ge­setzt wer­den. Die Be­wil­li­gung ist nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG zu wi­der­ru­fen, wenn die Ge­win­nung nicht in­ner­halb von drei Jah­ren nach Er­tei­lung der Be­wil­li­gung auf­ge­nom­men oder wenn die re­gel­mä­ßi­ge Ge­win­nung län­ger als drei Jah­re un­ter­bro­chen wor­den ist, so­fern nicht nach Satz 2 der Vor­schrift be­stimm­te Grün­de für die spä­te­re Auf­nah­me oder Wie­der­auf­nah­me vor­lie­gen. Die­se Pflicht zum Wi­der­ruf ver­hin­dert, dass ei­ne Be­wil­li­gung ge­hal­ten wird, oh­ne sie aus­zu­nut­zen. In­des hat­te das Berg­amt mit Be­scheid vom 16. No­vem­ber 2012 ent­schie­den, die Be­wil­li­gung nicht zu wi­der­ru­fen; sie muss­te auch zum ma­ß­geb­li­chen Zeit­punkt des Er­las­ses des Plan­fest­stel­lungs­be­schlus­ses nicht wi­der­ru­fen wer­den (UA S. 61, 65). Die­se Rechts­la­ge kann nicht durch all­ge­mei­ne Über­le­gun­gen zu Wohl­ver­hal­tens­pflich­ten in Zwei­fel ge­zo­gen wer­den.

70 d) We­der bei Be­grün­dung der Berg­bau­be­rech­ti­gung noch bei Er­werb durch die Klä­ge­rin be­stan­den An­halts­punk­te, die Pla­nung ei­ner En­er­gie­lei­tungs­tras­se wer­de den Ab­bau der Kie­se und San­de ver­hin­dern (UA S. 60). Ob sol­che An­halts­punk­te die fach­pla­ne­ri­sche Zu­mut­bar­keits­gren­ze un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­trau­ens­schut­zes ver­schie­ben könn­ten, be­darf da­her kei­ner Ent­schei­dung.

71 4. Ein An­spruch auf Schutz­vor­keh­run­gen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V und da­mit auch ein An­spruch auf Ent­schä­di­gung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V set­zen vor­aus, dass das plan­fest­ge­stell­te Vor­ha­ben zu der Be­ein­träch­ti­gung führt und für die Kon­flikt­la­ge ur­säch­lich ist (BVer­wG, Ur­tei­le vom 15. April 1977 - 4 C 3.74 - BVer­w­GE 52, 226 <236> und vom 21. De­zem­ber 2005 - 9 A 12.05 - Buch­holz 316 § 74 VwVfG Nr. 69 S. 58). Die­se Vor­aus­set­zung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im Ein­klang mit re­vi­si­blem Recht be­jaht.

72 Nach Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts war ei­ne Ge­win­nung der Bo­den­schät­ze im Be­wil­li­gungs­feld nicht durch Vor­schrif­ten des Ha­bi­tat­schutz­rechts aus­ge­schlos­sen. Es hat sei­ne Ein­schät­zung im Ein­zel­nen auf ein Gut­ach­ten aus dem Jahr 2020 ge­stützt. Da­nach wür­den ge­schütz­te Bio­to­pe ver­schont, die für Sand- und Kies­ge­win­nung ge­eig­ne­ten Bio­top­ty­pen sei­en nicht bzw. nur aus­nahms­wei­se Be­stand­teil von Le­bens­raum­ty­pen nach der FFH-Richt­li­nie. Mit Blick auf not­wen­di­ge Schutz­maß­nah­men zu­guns­ten ge­schütz­ter Ar­ten sei die Ge­neh­mi­gungs­fä­hig­keit des Ab­baus of­fen. Wei­te­re Er­mitt­lun­gen sei­en nicht ver­an­lasst.

73 Dies trägt die An­nah­me, die Plan­fest­stel­lung sei für die Be­ein­träch­ti­gung der Be­wil­li­gung ur­säch­lich. Die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de und nach­fol­gend das Tat­sa­chen­ge­richt ha­ben die Ur­säch­lich­keit auf­zu­klä­ren. Die­ser Pflicht sind aber Gren­zen ge­setzt. Es ist we­der Auf­ga­be des en­er­gie­recht­li­chen Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­rens noch ei­nes nach­fol­gen­den Ge­richts­ver­fah­rens, im Streit um ei­nen Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V "in­zi­dent" das Prüf­pro­gramm ei­nes berg­recht­li­chen Rah­men­be­triebs­plans ein­schlie­ß­lich der er­for­der­li­chen Um­welt­un­ter­su­chun­gen ab­zu­ar­bei­ten. Viel­mehr ge­nügt die Ab­schät­zung, dass die Ge­win­nung des Bo­den­schat­zes nicht aus­ge­schlos­sen ist. Ob und wie sich recht­li­che oder tat­säch­li­che Un­si­cher­hei­ten auf die Hö­he der Ent­schä­di­gung aus­wir­ken, ist nicht zu ent­schei­den.

74 Die Rü­ge der Bei­ge­la­de­nen bleibt er­folg­los, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be sich mit Ein­wen­dun­gen ge­gen das Gut­ach­ten nicht be­fasst und da­her ge­gen sei­ne Amts­er­mitt­lungs­pflicht nach § 86 Abs. 1 Vw­GO ver­sto­ßen. Denn die Vor­in­stanz hat die Ein­wen­dun­gen ge­wür­digt, sie aber für un­sub­stan­ti­iert ge­hal­ten (UA S. 64).

75 5. Die wei­te­ren, in die­sem Zu­sam­men­hang er­ho­be­nen Ein­wän­de füh­ren auf kei­nen Rechts­feh­ler der Vor­in­stanz.

76 a) An­ders als die Bei­ge­la­de­ne meint, steht das Ur­teil mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG M-V i. V. m. § 43a En­WG <a. F.> im Ein­klang. Da­nach sind mit Ab­lauf der ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­li­chen Ein­wen­dungs­frist al­le Ein­wen­dun­gen aus­ge­schlos­sen, die nicht auf be­son­de­ren pri­vat­recht­li­chen Ti­teln be­ru­hen.

77 Al­ler­dings ste­hen der An­wen­dung der Prä­klu­si­ons­vor­schrift des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG M-V im Rechts­be­helfs­ver­fah­ren nicht von vorn­her­ein die § 7 Abs. 4 und 6 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Um­wRG ent­ge­gen, weil der an­ge­grif­fe­ne Plan­fest­stel­lungs­be­schluss kei­ne Zu­las­sungs­ent­schei­dung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b Um­wRG ist (vgl. PFB S. 60 un­ter Nr. 2.​2.​1.​3).

78 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat aber oh­ne Ver­stoß ge­gen Bun­des­recht an­ge­nom­men, dass das Schrei­ben der Klä­ge­rin vom 28. Au­gust 2014 den An­for­de­run­gen an ein Ein­wen­dungs­schrei­ben ge­nüg­te. Dem Be­trof­fe­nen ob­liegt es, zu­min­dest in gro­ben Zü­gen dar­zu­le­gen, wel­che Be­ein­träch­ti­gun­gen er be­fürch­tet. Die An­for­de­run­gen an die Sub­stan­ti­ie­rung dür­fen aber nicht über­spannt wer­den. Das tat­säch­li­che Vor­brin­gen muss so kon­kret sein, dass die Plan­fest­stel­lungs­be­hör­de er­ken­nen kann, wel­chen Be­lan­gen sie in wel­cher Wei­se nach­ge­hen und wo­ge­gen sie den Ein­wen­der schüt­zen soll. Ei­ne recht­li­che Ein­ord­nung des tat­säch­li­chen Vor­brin­gens ist nicht ge­for­dert (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 30. Ja­nu­ar 2008 - 9 A 27.06 - Buch­holz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195 Rn. 30 und vom 26. Mai 2011 - 7 A 10.10 - ju­ris Rn. 31 m. w. N.). An die­sen Maß­stä­ben hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt das Schrei­ben der Klä­ge­rin ge­mes­sen und ihm ent­nom­men, dass und in wel­chem Um­fang die Klä­ge­rin Be­ein­träch­ti­gun­gen der Aus­nutz­bar­keit der Be­wil­li­gungs­flä­che "Land­tief" be­fürch­tet (UA S. 41 f.). An die­se ta­trich­ter­li­che Aus­le­gung ist der Se­nat man­gels zu­läs­si­ger und be­grün­de­ter Ver­fah­rens­rü­gen ge­bun­den. Sie zu­grun­de ge­legt, wa­ren die An­for­de­run­gen des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG M-V ge­wahrt.

79 b) Die Rü­ge bleibt er­folg­los, das Ur­teil ver­sto­ße ge­gen § 43e Abs. 3 En­WG <a. F.> i. V. m. § 87b Abs. 3 Vw­GO.

80 Nach die­sen Vor­schrif­ten kann ein Ge­richt Er­klä­run­gen und Be­weis­mit­tel, die erst nach Ab­lauf der Kla­ge­be­grün­dungs­frist vor­ge­bracht wer­den, zu­rück­wei­sen und oh­ne wei­te­re Er­mitt­lun­gen ent­schei­den, wenn ih­re Zu­las­sung nach der frei­en Über­zeu­gung des Ge­richts die Er­le­di­gung des Rechts­streits ver­zö­gern wür­de und der Klä­ger die Ver­spä­tung nicht ge­nü­gend ent­schul­digt. Nicht aus­ge­schlos­sen ist der Klä­ger mit Vor­trag, der das bis­he­ri­ge Vor­brin­gen le­dig­lich ver­tieft (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 31. März 1995 - 4 A 1.93 - BVer­w­GE 98, 126 <129> und vom 27. No­vem­ber 2018 - 9 A 8.17 - BVer­w­GE 163, 380 Rn. 14). Die Zu­rück­wei­sung ver­spä­te­ten Vor­brin­gens steht im Er­mes­sen des Ge­richts (BVer­wG, Ur­teil vom 6. April 2017 - 4 A 16.16 - Buch­holz 451.17 § 43e En­WG Nr. 2 Rn. 68 so­wie Be­schlüs­se vom 27. Mai 2010 - 8 B 112.09 - ju­ris Rn. 10 und vom 7. Mai 2013 - 2 B 147.11 - ju­ris Rn. 12).

81 Die Bei­ge­la­de­ne macht gel­tend, Vor­brin­gen der Klä­ge­rin sei un­ter Ver­stoß ge­gen § 87b Abs. 3 Vw­GO be­rück­sich­tigt und nicht - wie pro­zess­recht­lich ge­bo­ten - zu­rück­ge­wie­sen wor­den. Die­se Rü­ge muss schon des­we­gen er­folg­los blei­ben, weil § 87b Abs. 3 Vw­GO kei­nen Dritt­schutz zu­guns­ten von Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten ent­fal­tet, die sich ge­gen die Be­rück­sich­ti­gung von Vor­brin­gen ei­nes an­de­ren Be­tei­lig­ten wen­den (BVer­wG, Ur­teil vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - NVwZ 2004, 1114 <1115>; Pe­ters/Mül­ler, in: So­dan/Zie­kow, Vw­GO, 5. Aufl. 2018, § 87b Rn. 47; Ja­cob, in: Gär­ditz, Vw­GO, 2. Aufl. 2018, § 87b Rn. 32; Bam­ber­ger, in: Wysk, Vw­GO, 3. Aufl. 2020, § 87b Rn. 19; a. A. Rie­se, in: Sc­hoch/Schnei­der, Vw­GO, Stand: Au­gust 2022, § 87b Rn. 68). Da­mit geht auch die Rü­ge ins Lee­re, die Vor­in­stanz ha­be in­so­weit ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz des § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO ver­sto­ßen.

82 Im Üb­ri­gen hat die Bei­ge­la­de­ne den be­haup­te­ten Ver­fah­rens­man­gel nicht wie von § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO ge­for­dert dar­ge­legt. Die An­schluss­re­vi­si­on der Bei­ge­la­de­nen er­schöpft sich in Aus­füh­run­gen zur Ver­zö­ge­rung, zur Er­mes­sens­aus­übung und zu Be­grün­dungs­er­for­der­nis­sen. Sie ver­hält sich aber nicht da­zu, ob der Vor­trag der Klä­ge­rin bis­he­ri­ges Vor­brin­gen ver­tief­te oder durch ei­ne ge­richt­li­che Auf­klä­rungs­ver­fü­gung oder das Vor­brin­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter ver­an­lasst war.

83 II. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat ei­nen An­spruch der Klä­ge­rin auf ei­ne Ent­schä­di­gung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V für ei­ne Be­ein­träch­ti­gung der Er­laub­nis für das Er­laub­nis­feld "Pro­rer Wiek Süd" ver­neint. Dies ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Denn die Er­laub­nis ge­währt nach § 7 Abs. 1 BBergG das aus­schlie­ß­li­che Recht, im Er­laub­nis­feld die in der Er­laub­nis be­zeich­ne­ten Bo­den­schät­ze auf­zu­su­chen. Die­se Auf­su­chung be­ein­träch­tigt das Vor­ha­ben aber nicht. Ei­nen dar­über hin­aus ge­hen­den ei­gen­tums­recht­li­chen Schutz ei­ner "An­wart­schaft" um­fasst die Er­laub­nis nicht (vgl. oben A. II. 1. b) aa)), so dass in­so­weit auch ei­ne (un­zu­mut­ba­re) Be­ein­träch­ti­gung und dem fol­gend ein Ent­schä­di­gungs­an­spruch aus­schei­det.

84 Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 Vw­GO und § 100 Abs. 1 ZPO.